bookmark_borderWarum ich kein Aktivist bin

Die Welt ist schlecht, denn es gibt viele schlechte Menschen, das lässt sich täglich in der Zeitung nachlesen, oder auf Facebook. Auf der anderen Seite gibt es aber zum Glück auch ein paar gute Menschen. Einige von denen nennen sich Aktivisten. Die Überzeugung, besser zu sein als die Anderen gehört zu ihrer Grundausbildung.

Im Weltbild eines Aktivisten gibt es immer Täter, die für das Schlechte in der Welt verantwortlich sind. Sie handeln aus lasterhaften Motiven wie Gier, Bequemlichkeit, Stolz oder Dummheit. Die Opfer sind reinen Herzens, sonst wären sie ja selbst Täter, und sie sind alle unfähig sich gegen die Schlechten zu wehren, weshalb jetzt der Aktivist sich der Sache annehmen muss. 

Die Täter sind einfach zu benennen: Es sind alle, die nicht Aktivisten sind. Da die Aktivisten immer in der Minderzahl sind, müssen sich ständig laut und aufdringlich in Erinnerung rufen. Das nervt ingesamt, vor allem auch weil die vielen Aktionen, Pamphlete und Empörungsgesten nichts dazu beitragen, die tatsächlich vorhandenen Probleme anzugehen. 

Der Mathematiker Pascal hatte vielleicht Recht hatte, als er sagte: Das ganze Unglück der Menschen rührt daher, daß sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.

Aktivisten sind Verstärker des Unglücks.

 

bookmark_borderKarate als Lebensphilosophie

Karate, wörtlich “leere Hand”, ist eine waffenlose Kampfkunst. Für Angriff und Verteidigung werden Schlag-, Stoß-, Tritt- und Block- sowie Fussfegetechniken eingesetzt. 
Um Verletzungen im Training zu vermeiden und dennoch Distanzgefühl, Schnelligkeit, Schlagkombinationen und Abwehrtechniken entwickeln zu können, werden Techniken zwar mit maximaler Kraft und Schnelligkeit ausgeführt, aber kurz vor dem Auftreffen auf den Körper des Trainingspartners gestoppt. Das Wechselspiel von maximaler Effektivität und absoluter Kontrolle erfordert regelmässiges Training über mehrere Jahre.

Karate verlangt viel Koordination, Beweglichkeit, Kraft, und etwas Ausdauer. Für die Beurteilung des eigenen Trainingsfortschritts finden regelmässig Prüfungen statt, mit klar definiertem Programm, so dass man sich gezielt vorbereiten kann, dabei dennoch die Freiheit behält, das eigene Niveau im selbstgewählten Tempo zu steigern und sich schrittweise dem Ziel des schwarzen Gürtels zu nähern.

Karatetraining, vor allem das Sparring mit Partnern, stärkt die Gelassenheit und verringert Angstgefühle. Es fördert die Gewissheit, im Notfall richtig reagieren zu können. An die Stelle angeborener, unkontrollierter Abwehrreflexe tritt mit der Zeit die bewusste Haltung eines “Kommenlassen-Schauen-Reagieren”. Man lernt, auf die Menschen in unmittelbarer Umgebung zu achten, den Raum, in dem man sich bewegt und in dem man ja auch von den anderen wahrgenommen wird zu überschauen. Es fördert Selbstvertrauen, das auf einer realistischen Selbsteinschätzung gründet, denn im Karate lernt man nicht nur, stärker zu werden, sondern vor allem auch Strategien, sich gegen Stärkere erfolgreich zur Wehr zu setzen. Eine immer wieder geübte Abwehrtechnik ist Ausweichen –  wer kein Ziel bietet lässt auch auch den stärksten Angriff im Nichts verpuffen. 

“Karate ist Selbstverteidigung” wiederholte unser Lehrer K. Sugimura oft. Das  regelmässige Training ist Voraussetzung nicht nur für den Erhalt der Fähigkeit, sich verteidigen zu können gegen äussere Gegner, sondern ebenso für den achtsamen Umgang mit dem Leben selbst.

bookmark_borderVom Gebrauch des Nutzlosen

Zum Einstieg in das Thema ein kurzer philosophischer Dialog zwischen dem gelehrten Huizi und Zhuangzi:

Huizi zu Zhuangzi: Deine Worte sind vollkommen nutzlos.
Zhuangzi: Da müsstest du zuerst verstehen, was es heisst, nutzlos zu sein, bevor ich mit dir über das Nützliche reden kann.
Nimm das folgende Beispiel: Die ganze Erde ist zwar sehr gross, aber du brauchst davon nur zwei Fussbreit. Doch wenn du jetzt rund um deine Füsse die ganze umliegende Erde bis tief hinunter abgräbst  – ist dir dann das kleine Stück immer noch von Nutzen?
“Nein, das ist dann nutzlos”.
“Daraus wird klar, wie nützlich das Nutzlose ist”.1nach Zhuangzi, Kap. 26

Huizi war ein bekannter Redekünstler, der sich dank seines Wissens darin gefiel, mit ungewöhnlichen Einfällen alle anderen Redekünstlern zu übertreffen. Nun wird ihm erklärt, dass er sich nur solange hervortun kann, als seine Gegner ringsum auf gleicher Höhe wir er stehen. Stünde er allein auf dem Gipfel, wäre er zwar der Grösste, aber leider würde ihn niemand mehr hören können – was also hätte er damit gewonnen? Es ist nicht bekannt, ob Huizi sich das zu Herzen nahm – eher scheint wahrscheinlich, dass er sich eine schlaue Antwort ausgedacht hat, um weiterhin als der Klügste dazustehen.

Lässt sich diese Lehrgeschichte auch auf aktuelle Situationen anwenden?
Zum Beispiel auf Diskussionen, die scheitern: Aus Erfahrung weiss man, dass Recht haben und gehört werden zwei verschiedene Dinge sind. Aber dennoch ist die Versuchung gross, auch dann noch zusätzliche Argumente vorzutragen, wenn das Gegenüber längst überfordert ist und den Faden oder das Interesse verloren hat. In solchen Situation kann man Recht soviel man will, aber da es niemandem etwas bedeutet, nützen auch die Diskussion niemandem etwas.
Es geht also auch darum, rechtzeitig innezuhalten beim Reden und sich zu vergewissern, dass der andere noch mit an Bord ist.
Was aber tun, wenn man selbst in die Lage kommt, von einem Redekünstler mit Argumenten erschlagen zu werden? Unsere Höflichkeit verbietet es zwar, aber in solchen Fällen ist es das einzig Richtige die Augen zu schliessen und ein wenig wegzudämmern, bis wieder Ruhe herrscht.

 

 

 

 

bookmark_borderSpielerisches Üben

Das Üben hat einen schlechten Ruf. Zum Üben, heisst es, musst du dich überwinden. Du brauchst Selbstdisziplin und viel Geduld. Wir haben gelernt zu üben, damit wir später etwas können, um Erfolg zu haben im Leben. Üben ist nicht kreativ, der Spass an der Sache kommt erst danach, wenn man sich durch den Griesberg gefressen hat. Endlose Wiederholungen nach Art von militärischen Drills; konzentriertes Fokussieren auf das zu erreichendes Ziel; stundenlanges Stillsitzen mit gekreuzten Beinen (zazen), das ist Üben.

Demgegenüber pladiere ich für das spielerische Üben. Für eine Haltung, die weder auf strenger Askese noch auf Entsagung und Verzicht beruht, die statt dessen auf unser Vorstellungsvermögen vertraut und offen ist für ständiges Ausprobieren von Varianten. Für einen spielerischen Zeitvertreib also, der keinen Nutzen erstrebt, ausser vielleicht diesen: er soll nicht langweilen. Damit trägt er schon viel zu einem besseren Leben bei.

Gute Vorsätze für das Üben:
– ich muss das nicht tun!
– aufhören, wenn’s genug ist
– eigene Routinen erfinden
– sich viele kleine Aufgaben stellen
– halb so schnell und dafür doppelt so lang üben
– Fortschritt?  das ist jedesmal, wenn das Üben Spass gemacht hat….

Der grosse Pianist Bill Evans meinte: Man soll sich auf das konzentrieren, was man versteht, und dann versuchen, dies schrittweise zu verbessern. Es bringt dagegen nichts, sich im Grossen und Ganzen zu verlieren (s. das  Interview mit seinem Bruder auf Youtube).