bookmark_borderVom Gebrauch des Nutzlosen

Zum Einstieg in das Thema ein kurzer philosophischer Dialog zwischen dem gelehrten Huizi und Zhuangzi:

Huizi zu Zhuangzi: Deine Worte sind vollkommen nutzlos.
Zhuangzi: Da müsstest du zuerst verstehen, was es heisst, nutzlos zu sein, bevor ich mit dir über das Nützliche reden kann.
Nimm das folgende Beispiel: Die ganze Erde ist zwar sehr gross, aber du brauchst davon nur zwei Fussbreit. Doch wenn du jetzt rund um deine Füsse die ganze umliegende Erde bis tief hinunter abgräbst  – ist dir dann das kleine Stück immer noch von Nutzen?
“Nein, das ist dann nutzlos”.
“Daraus wird klar, wie nützlich das Nutzlose ist”.1nach Zhuangzi, Kap. 26

Huizi war ein bekannter Redekünstler, der sich dank seines Wissens darin gefiel, mit ungewöhnlichen Einfällen alle anderen Redekünstlern zu übertreffen. Nun wird ihm erklärt, dass er sich nur solange hervortun kann, als seine Gegner ringsum auf gleicher Höhe wir er stehen. Stünde er allein auf dem Gipfel, wäre er zwar der Grösste, aber leider würde ihn niemand mehr hören können – was also hätte er damit gewonnen? Es ist nicht bekannt, ob Huizi sich das zu Herzen nahm – eher scheint wahrscheinlich, dass er sich eine schlaue Antwort ausgedacht hat, um weiterhin als der Klügste dazustehen.

Lässt sich diese Lehrgeschichte auch auf aktuelle Situationen anwenden?
Zum Beispiel auf Diskussionen, die scheitern: Aus Erfahrung weiss man, dass Recht haben und gehört werden zwei verschiedene Dinge sind. Aber dennoch ist die Versuchung gross, auch dann noch zusätzliche Argumente vorzutragen, wenn das Gegenüber längst überfordert ist und den Faden oder das Interesse verloren hat. In solchen Situation kann man Recht soviel man will, aber da es niemandem etwas bedeutet, nützen auch die Diskussion niemandem etwas.
Es geht also auch darum, rechtzeitig innezuhalten beim Reden und sich zu vergewissern, dass der andere noch mit an Bord ist.
Was aber tun, wenn man selbst in die Lage kommt, von einem Redekünstler mit Argumenten erschlagen zu werden? Unsere Höflichkeit verbietet es zwar, aber in solchen Fällen ist es das einzig Richtige die Augen zu schliessen und ein wenig wegzudämmern, bis wieder Ruhe herrscht.