bookmark_borderUrteilsfehler

Wir sehen heute klar, was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben: Weshalb wir heute vom Klimakollaps bedroht sind; oder dass wir die Natur zuweit zurückgedrängt haben, so dass sich Viren von bisher getrennt lebenden Tieren auf Menschen übertragen.

Aber wir sehen das erst heute. Es gab frühe Warner. Der Club of Rome wurde 1968 gegründet, das Buch “Grenzen des Wachstums” erschien 1972. Aber die Warnungen haben uns nicht genügend interessiert, um unser Handeln zu beeinflussen. Uns interessierten damals andere Dinge. Es dauerte 30 Jahre, bis wir die Realität wahrzunehmen und unser Handeln darauf einzustellen begannen.

Man kann sagen: damals handelten wir so, wie es richtig schien. Wir waren genauso vernünftige Menschen wie heute, mit intaktem Urteilsvermögen. Erst heute wissen wir, dass wir damals die Chance für wichtige Entscheidungen verpasst haben.

Und genau wie damals tun wir heute wieder eine Menge Dinge, von denen wir einige in 20 oder 40 ? Jahren als falsch beurteilen werden. Wir werden es wiederum erst im Nachhinein wissen. Als Gesellschaft handeln wir vielleicht nach Plan, aber das Resultat scheinen wir nicht voraussehen zu können. Wir wissen zwar, dass das so ist, tun aber weiterhin so, als ob wir wüssten, was wir tun. Dabei läuft alles immer wieder darauf hinaus, dass wir Probleme lösen müssen, die wir hätten vermeiden können.
There is no silver bullet. Die magische Formel ist noch nicht gefunden.

 

bookmark_borderFortschrittsglaube

Aus der Vergangenheit sucht sich jeder das heraus, was er will: Die einen die Geschichte des unaufhaltsamen Fortschreitens der Menschheit hin zu immer mehr Lebensglück, das sie sich mit ihrer wachsenden Vernunft erschafft. Die weniger optimistischen zeigen auf die nie dagewesenen Möglichkeiten zur Selbstvernichtung, die sie wider alle Vernunft hervorgebracht hat.

Mit Blick auf die Zukunft glauben Optimisten an die unbegrenzte Perfektibilität des menschlichen Geistes, die Fortsetzung der Geschichte des zunehmenden Glücks bis hin zur  Abschaffung des Todes und Besiedlung fremder Planeten – dem vorläufigen Ende der Erweiterung des Reichs menschlicher Herrschaft. Die anderen sehen es dagegen als erwiesen an, dass unser Planet schon viel früher unbewohnbar sein wird, nach Zerstörung der Biosphäre und/oder nach dem nuklearen Holocaust. Beide reklamieren für sich, die Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit voraussagen zu können. Ihre Ideen finden Anklang in Politik, Forschung und Moralphilosophie. 

Ich glaube persönlich nicht an den selbstverschuldeten Untergang der Menschheit, aber er dennoch eintreten, bleibt immer noch genug Zeit, ihn zu akzeptieren. Und was das ewige Leben angeht, so hoffe ich sehr, dass es erst nach meinem Tod Realität wird.
Statt nach dem Glücks zu suchen, denke ich lieber daran, wie ich die kurze Dauer meines Daseins möglichst sinnvoll gestalten kann. Als Fortschritt zählt dann, was zum Erhalt des Lebens innerhalb der zu erwartenden Zeitspanne beiträgt, und was sein vorzeitiges Ende zu vermeiden hilft. Die Welt bleibt ein Ort der Unvollkommenheit.